1. Für den Mieter nicht erkenn- oder beherrschbare Pflichtverstöße seines Erfüllungsgehilfen mindern das Gewicht der ihm zugerechneten und zum Gegenstand einer ordentlichen Kündigung erhobenen Pflichtverletzung deutlich (hier: Zurechnung des Verhaltens einer Betreuerin mit dem Aufgabenkreis „Wohnungsangelegenheiten“).
2. Es geht kündigungsrechtlich zu Lasten des Vermieters, wenn er den Mieter ohne vorherige Zahlungsaufforderung durch den umgehenden Ausspruch einer Zahlungsverzugskündigung „ins Messer laufen lässt“, obwohl er erkennen musste, dass der Zahlungsrückstand nicht auf der Zahlungsunfähigkeit oder –unwilligkeit des Mieters beruht, sondern auf einem geringfügigen Versehen oder sonstigen von ihm nicht zu vertretenden Umständen.
3. Der Verzug des Mieters mit im Vertrauen auf die Verfassungsgemäßheit des MietenWoG Bln einbehaltenen Mietanteilen ist abhängig von den sonstigen Umständen des Einzelfalls geeignet, die Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. Dabei kommt der Pflichtverletzung des Mieters das für eine ordentliche Kündigung erforderliche Gewicht aber jedenfalls solange nicht zu, wie der Vermieter dem Mieter gegenüber nicht seine eigenen rechtlichen oder tatsächlichen Schlussfolgerungen aus der Entscheidung des BVerfG vom 25. März 2021 zur Verfassungswidrigkeit des MietenWoG Bln ausdrücklich oder zumindest konkludent – etwa durch den Ausspruch einer Zahlungsaufforderung oder Mahnung – kundgetan hat.
Vorinstanz:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 3. November 2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 17 C 39/21 – wird auf ihre Kosten nach einem Wert von bis 8.000,00 € zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Räumung und Herausgabe einer Wohnung in Berlin-Moabit.
Das Amtsgericht hat die Klage mit am 3. November 2021 verkündeten Urteil abgewiesen. Das streitgegenständliche Mietverhältnis sei weder durch die Kündigung vom 7. Januar 2021 noch durch die Kündigungen vom 22. April 2021 oder 24. Juni 2021 beendet worden. Wegen der Einzelheiten, insbesondere zum erstinstanzlichen Vorbringen und zu den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen, wird auf das amtsgerichtliche Urteil (Bl. 125-134 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12. November 2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 3. Dezember 2021 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und die Berufung im selben Schriftsatz begründet.
Die Klägerin rügt im Wesentlichen, das Amtsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Kündigung vom 7. Januar 2021 nicht zu einer Beendigung des Mietverhältnisses geführt habe. Die Beklagte müsse sich den Pflichtverstoß ihrer Betreuerin zurechnen lassen. Das Amtsgericht hätte zudem den Schriftsatz vom 9. April 2021, der eine schlüssig ausgesprochene Kündigung beinhalte, nicht berücksichtigt. Zudem sei auch die Kündigung vom 24. Juni 2021 wirksam. Es handele sich bei den verspäteten Zahlungen der Beklagten um keine lediglich unerhebliche Pflichtverletzung.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, die Wohnräume im Haus X zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Kammer hat die Klägerin mit Beschluss vom 21. Dezember 2021 darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung der Berufung als offensichtlich unbegründet beabsichtigt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung war gemäß § zurückzuweisen, da sie aus den Gründen des Hinweisbeschlusses der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Zurückweisung im Beschlusswege vorliegen.
Das Mietverhältnis ist durch streitgegenständlichen Kündigungen weder fristlos noch fristgerecht beendet worden ist. Hieran vermag auch die Stellungnahme der Klägerin vom 24. Januar 2022 nichts zu ändern.
Die außerordentliche Kündigung vom 7. Januar 2021 wegen rückständiger Mieten für die Monate Dezember 2020 und Januar 2021 ist durch die Schonfristzahlung der Beklagten gemäß § geheilt worden. Das nimmt die Berufung unangefochten als zutreffend hin.
Die Kündigung ist aber auch als ordentliche Kündigung unwirksam, da die Voraussetzungen des § nicht erfüllt sind.
Die Beklagte hat zwar pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt, indem sie vor Ausspruch der Kündigung die Mieten für Dezember 2020 und Januar 2021 nicht entrichtet hat. Ihr Verschulden entfällt nicht dadurch, dass der Zahlungsausfall ausschließlich auf ein Versehen ihrer für den Aufgabenbereich der „Wohnungsangelegenheiten“ bestellten Betreuerin zurückzuführen ist. Die Beklagte muss sich das Fehlverhalten ihrer Betreuerin gemäß § zurechnen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 2. April 1987 – III ZR 149/85, BGHZ 100, 313, juris Tz. 18; Bienwald, in: Staudinger, BGB, Stand: 13. September 2018, § 1902 Rz. 121). Die Pflichtverletzung der Beklagten war jedoch nicht hinreichend erheblich i.S.d. § , um ein berechtigtes Interesse der Klägerin zur ordentlichen Beendigung des Mietverhältnisses zu begründen.
Für die Beurteilung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung sind im Rahmen des § sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (st. Rspr., vgl. nur Kammer, Urt. v. 16. Juni 2016 – 67 S 125/16, NZM 2017, 361, juris Tz. 18; Urt. v. 13. Februar 2020 – 67 S 369/18, WuM 2020, 278, beckonline Tz. 29; Bieber, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 573 Rz. 63 m.w.N.). Aus diesem Grunde verbieten sich schematische Beurteilungen der Erheblichkeit einer dem Mieter zur Last zu legenden Zahlungspflichtverletzung selbst im hier gegebenen Falle der Verwirklichung eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Zahlungsverzuges nach § (vgl. , NJW-RR 2022, 80, beckonline Tz. 82; Kammer, Urt. v. 16. Juni 2016, a.a.O., Tz. 16). Zu berücksichtigen sind bei einem wegen Zahlungsverzugs gekündigten Mieter – wie bei allen sonstigen verhaltensbedingten Pflichtverletzungen des Mieters auch – stets die beanstandungsfreie Dauer des bisherigen Vertragsverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr, der dem Mieter zur Last zu legende Grad des Verschuldens, die besonderen persönlichen Umstände des Mieters und ein pflichtwidriges (Vor-)Verhalten des Vermieters (vgl. Kammer, Urt. v. 16. Juni 2016, a.a.O., m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen war die Pflichtverletzung der Beklagten nicht hinreichend erheblich. Zwar ist zu ihren Lasten der Kündigungsrückstand in Höhe von zwei vollen Monatsmieten und die abstrakte Wiederholungsgefahr einer weiteren Zahlungspflichtverletzung zu berücksichtigen. Dazu treten jedoch zu ihren Gunsten – und für die Gesamtabwägung wesentlich – der lediglich geringe Grad des Verschuldens, die besonderen persönlichen Umstände der Beklagten und der Umstand, dass die Beklagte nicht selbst pflichtwidrig gehandelt hat, sondern sich die schuldhafte Pflichtverletzung ihrer Betreuerin als Fremdverschulden gemäß § zurechnen lassen muss:
Der zur Begründung der Kündigung herangezogene Mietrückstand ist nicht auf ein Eigenverschulden der Beklagten, sondern allein auf das ihr zugerechnete – und zudem lediglich fahrlässige – Verhalten ihrer auch für „Wohnungsangelegenheiten“ bestellten Betreuerin zurückzuführen. Denn diese hatte im Dezember 2020 den Dauerauftrag für das stets gedeckte Konto der Beklagten gekündigt und die Klägerin zur Verringerung des auch im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des MietenWoG Bln gesteigerten Verwaltungsaufwandes bei der Kontrolle und Anpassung der zu überweisenden Mietzahlungen darum gebeten, die Mieten zukünftig im Lastschriftverfahren einzuziehen. Nachdem die Klägerin der Bitte zur Umstellung des Zahlungsverkehrs „aus technischen Gründen“ nicht entsprochen hatte, ist es der Betreuerin in der Folge bis zum Ausspruch der Kündigung am 7. Januar 2021 aus Gründen offensichtlicher Fahrlässigkeit nicht mehr gelungen, den zuvor gekündigten Dauerauftrag wieder rechtzeitig in Vollzug zu setzen. Die Beklagte hingegen durfte mangels gegenteiligen Anhalts berechtigt davon ausgehen, dass die Betreuerin ihrer im Aufgabenkreis „Wohnungsangelegenheiten“ übertragenen Pflichten zur rechtzeitigen Anweisung des Mietzinses vollständig und pünktlich nachkommt.
Damit aber fällt der Beklagten kein persönliches Eigenverschulden, sondern lediglich ein gemäß § zugerechnetes Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfin zur Last. Ein solches wiegt für den Mieter bei der Beurteilung der Erheblichkeit seiner Pflichtverletzung weit weniger schwer als eigenes Verschulden (vgl. Kammer, Urt. v. 3. Juli 2018 – 67 S 20/18, DWW 2018, 302, juris Tz. 19 m.w.N.; Bieber, a.a.O.). Diese Wertung entspricht dem allgemeinen kündigungsrechtlichen Grundsatz, dass für den Gekündigten nicht erkenn- oder beherrschbare Pflichtverstöße seines Erfüllungsgehilfen das Gewicht der ihm zugerechneten und zum Gegenstand der Kündigung erhobenen Pflichtverletzung deutlich mindern (st. Rspr., vgl. nur , NJW 1979, 236, juris Tz. 33, Urt. , NZA 1984, 34; juris Tz. 147; Urt. , NJW 2016, 103, beckonline Tz. 42).
Davon abgesehen würde die kündigungsrechtliche Gleichbehandlung eigener Pflichtverstöße des Mieters mit solchen ihm lediglich zugerechneter seiner Erfüllungsgehilfen zu unauflöslichen Wertungswidersprüchen mit der – wegen der Reichweite des § allerdings nicht zweifelsfreien – Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates des BGH führen. Ausweislich derer scheidet eine ordentliche Zahlungsverzugskündigung bei einem vom Jobcenter zu verantwortenden Zahlungsrückstand gemäß § bereits mangels zurechenbaren Verschuldens behördlichen Handelns aus (vgl. , NJW 2009, 3781, beckonline Tz. 30). Es wäre aber mit dem im Bereich der grundlegenden menschlichen Wohn- und Lebenssituation umfassend zu gewährenden Grundrechtsschutz unvereinbar, einem Wohnraummieter die Pflichtverletzungen einer zur materiellen Grundsicherung angerufenen staatlichen Stellen kündigungsrechtlich überhaupt nicht anzulasten, während der Umstand, dass die Pflichtverletzung auf dem Fehlverhalten eines ausschließlich zur Fürsorge des Mieters und zu dessen Schutz vor den Gefahren des Rechtsverkehrs bestellten Betreuers beruht, im gesetzlichen Kündigungstatbestand noch nicht einmal bei der Beurteilung der Erheblichkeit Berücksichtigung finden könnte.
Bereits davon ausgehend kam der Pflichtverletzung der Beklagten nicht das für die ordentliche Beendigung des Mietverhältnisses erforderliche Gewicht zu. Darüber hinaus hat sich auch die Klägerin pflichtwidrig verhalten, indem sie ihrer hier ausnahmsweise bestehenden Pflicht zu einem Hinweis an den Mieter auf den bestehenden Zahlungsrückstand vor Ausspruch der Kündigung zuwider gehandelt hat. Es entspricht aber einer aus dem Rücksichtnahmegebot des § und den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ ) erwachsenen allgemeinen Vertragspflicht, seinen Vertragspartner auch während des Vertrages einen Hinweis zu erteilen, wenn eine von letzterem unerkannte erhebliche Beeinträchtigung der mit dem Vertrag verfolgten Interessen droht (st. Rspr., vgl. nur , NJW 2007, 257, beckonline Tz. 14; Kähler, in: BeckOGK BGB, Stand: 1. August 2021, § 242 Rz. 732 m.w.N.). Ein Vermieter handelt deshalb – unbeschadet der sich ohnehin nur auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung beziehenden Regelung des § – treuwidrig, wenn er den Mieter vor Ausspruch der ordentlichen Kündigung nicht abmahnt, obwohl sich ihm die Erkenntnis aufdrängen muss, dass der Zahlungsrückstand nicht auf der Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Mieters beruht, sondern auf einem geringfügigen Versehen oder sonstigen von ihm nicht zu vertretenden Umständen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 25. März 2004 – 10 U 109/03, DWW 2004, 190, juris Tz. 18; OLG Hamm, Urt. v. 24. April 1998 – 33 U 97/97, WuM 1998, 485, beckonline Tz. 4; Beschl. , BeckRS 2016, 125773, beckonline Tz. 58; Kammer, Beschl. v. 3. Juli 2017 – 67 S 395/16, WuM 2017, 213, beckonline Tz. 2; Alberts, in: Guhling/Günther, Gewerberaummietrecht, 2. Aufl. 2019, § 543 Rz. 21 m.w.N.; Kähler, a.a.O., Rz. 732.1 m.w.N.).
So lag der Fall hier. Denn auch für die Klägerin, die noch unmittelbar zuvor mit der Betreuerin der Beklagten wegen der von dieser erbetenen Zahlungsumstellung korrespondiert hatte, musste es sich auch angesichts der spätestens seit Einrichtung der Betreuung im Jahre 2017 stets zuverlässigen Mietzahlungen aufdrängen, dass der Zahlungsausfall nicht auf einer Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit der Beklagten beruhte, sondern allenfalls auf einem geringfügigen technischen oder organisatorischen Versehen ihrer Betreuerin im Zusammenhang mit der erbetenen Umstellung der Zahlungen auf den Lastschrifteinzug. Dass sie diese Erkenntnis nicht zum – verkehrsüblichen – Anlass einer an die Betreuerin der Beklagten gerichteten Zahlungsaufforderung oder Mahnung im Dezember 2020 oder spätestens im Januar 2021 genommen, sondern die unter Betreuung stehende Beklagte stattdessen durch umgehenden Ausspruch der Kündigung hat „ins Messer laufen lassen“, geht zu Lasten der Klägerin. Ihr pflichtwidriges Unterlassen steht bereits für sich genommen, erst Recht aber in der Gesamtschau mit den aufzeigten übrigen Umständen des Einzelfalls, einer für den Kündigungsausspruch erforderlichen hinreichenden Erheblichkeit der Pflichtverletzung der Beklagten entgegen.
Das Mietverhältnis hat auch nicht durch den Schriftsatz vom 9. April 2021 seine Beendigung gefunden („Der mit der Klage geltend gemachte Räumungsanspruch wird … mit diesem weiteren Vertragsverstoß begründet.“). Insoweit kann dahinstehen, ob es sich dabei unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter des § überhaupt um eine weitere Erklärung der Kündigung handelt. Sie wäre jedenfalls in der Sache unbegründet. Die nur wenige Tage verspätete Mietzahlung im März 2021 ist selbst in der Gesamtschau mit den vorherigen geringfügigen Pflichtverletzungen der Beklagten nicht hinreichend erheblich, um eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. Das gilt erst recht bei der gebotenen Berücksichtigung der Pflichtverletzungen der Klägerin, die aus den dargetanen Gründen nicht nur ihren Hinweispflichten zuwider gehandelt, sondern zudem ihre Pflicht zur Vertragstreue schuldhaft verletzt hat, indem sie die Beklagte zuvor mit einer materiell unwirksamen Kündigung des Mietverhältnisses überzogen hat (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 11. Januar 1984 – VIII ZR 255/82, NJW 1984, 1028, juris Tz. 22; Urt. , NJW-RR 2002, 730, juris Tz. 12).
Schließlich haben auch die in den Schriftsätzen vom 22. April und 24. Juni 2021 – ausdrücklich als „fristgemäß“ erklärten – Kündigungen das Mietverhältnis nicht gemäß § zu beenden vermocht. Mit Ausnahme der angeblichen weiteren Zahlungspflichtverletzung der Beklagten waren die sonstigen angeblichen (Bagatell-)Pflichtverletzungen mit Blick auf die aufgezeigten Pflichtverletzungen der Klägerin und aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, auf die die insoweit Kammer Bezug nimmt und denen nichts hinzuzufügen ist, bereits grundsätzlich nicht von hinreichendem Gewicht, um eine Beendigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen.
Nichts anderes gilt für die von der Klägerin behauptete weitere Zahlungspflichtverletzung der Beklagten im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2021 zur Verfassungswidrigkeit des MietenWoG Bln (2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20, NJW 2021, 1377). Einer abschließenden Entscheidung der Kammer, ob sich die Beklagte überhaupt in Zahlungsverzug befunden hat, indem sie nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2021 die sich aus der zuvor – zudem von der Klägerin – veranlassten „Absenkung“ der Miete um monatlich 74,90 EUR ergebenden Nachzahlungsbeträge in Höhe von insgesamt 973,70 EUR erst am 17. Juni 2021 an die Klägerin zurückerstattet hat, bedarf es nicht:
Es unterliegt im Ausgangspunkt keinem Zweifel, dass Vermieter grundsätzlich befugt sind, die nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln vom Mieter einbehaltenen Absenkungsbeträge zurückzuverlangen (vgl. , NJW 2021, 845, beckonline Tz. 19), da das BVerfG das MietenWoG Bln gemäß § rückwirkend für nichtig erklärt und sich nicht mit einer bloßen Unvereinbarkeitserklärung nach § begnügt hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25. März 2021, a.a.O., Tz. 187; Beschl. , NJW 2020, 3232, beckonline Tz. 103). Ebenso unzweifelhaft kann ein Verzug des Mieters mit der Nachentrichtung der Absenkungsbeträge abhängig von den sonstigen Umständen des Einzelfalls geeignet sein, die außerordentliche oder zumindest die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. Ob allerdings eine im Gefolge des MietenWoG Bln – und noch dazu vom Vermieter – veranlasste Absenkung der Miete im Einzelfall zu einem dauerhaften Forderungsverzicht, einem pactum de non petendo oder einer Stundung im Umfang der Absenkungsbeträge geführt hat und welche Auswirkungen sich daraus auch unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben für die Fälligkeit und einen etwaigen Verzug des Mieters mit den einbehaltenen Beträgen ergeben, kann hier dahinstehen. Denn dabei handelt es sich um komplexe Rechtsfragen, deren zutreffende Beantwortung selbst unter Heranziehung professionellen Rechtsrats aufwändig und schwierig ist. Es kommt hinzu, dass sich das Erfordernis einer – zutreffenden – Beantwortung für einen in den Anwendungsbereich des MietenWoG Bln gefallenen Mieter nicht aus seinem eigenen pflichtwidrigen Vorverhalten, sondern ausschließlich aus dem verfassungswidrigen Handeln des Berliner Landesgesetzgebers ergibt. Deshalb kommt der Pflichtverletzung eines Mieters im Zusammenhang mit der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit des MietenWoG Bln das für eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung erforderliche Gewicht jedenfalls solange nicht zu, wie der Vermieter dem Mieter gegenüber nicht seine eigenen rechtlichen oder tatsächlichen Schlussfolgerungen aus der Entscheidung des BVerfG ausdrücklich oder zumindest konkludent kundgetan hat, etwa durch den – hier fehlenden – Ausspruch einer Zahlungsaufforderung oder einer Mahnung. Erst ein dagegen gerichtetes Zuwiderhandeln des Mieters ist in diesem Zusammenhang geeignet, seiner Pflichtverletzung das für eine Kündigung des Mietverhältnisses hinreichende Gewicht zu verleihen (vgl. , NJW 2008, 508, beckonline Tz. 28; Kammer, Beschl. v. 3. Juli 2017, a.a.O., Tz. 4 (allgemein)).
Unabhängig davon, erst recht aber in der gebotenen Gesamtschau mit den genannten sonstigen Umständen des Einzelfalles kam einer etwaigen Zahlungspflichtverletzung der Beklagten in diesem Zusammenhang das für eine Kündigung erforderliche Gewicht auch deshalb nicht zu, weil die Beklagte die sich aus der Absenkung der Miete ergebenden Nachzahlungsbeträge bereits am 17. Juni 2021 und damit eine Woche vor Ausspruch der darauf gestützten Kündigung vom 24. Juni 2021 beglichen hat. Einem vom Mieter bei Ausspruch der Kündigung bereits beseitigten Zahlungsverzug kommt aber ein erheblich geringeres – und im hier gegebenen Regelfall für eine Kündigung unzureichendes – Gewicht zu als einem Zahlungsverzug, der zum Zeitpunkt der Kündigung noch besteht. Diese Wertung entspricht nicht nur dem Wesensgehalt der für die außerordentliche Kündigung maßgebenden Regelung des § , ausweislich derer eine Zahlungsverzugskündigung ausgeschlossen ist, wenn der Mieter zuvor befriedigt wird. Sie steht auch in Einklang mit dem allgemeinen kündigungsrechtlichen Grundsatz, dass es die Abwägung zu Gunsten des Gekündigten beeinflusst, wenn er die Pflichtwidrigkeit seines Tuns erkennt und sich noch vor Ausspruch der Kündigung erfolgreich um die Beseitigung des von ihm geschaffenen vertragswidrigen Zustandes bemüht (vgl. , NZA 2006, 1033, beckonline Tz. 11, 22).
Vor diesem Hintergrund kam es nicht mehr auf die im ersten Rechtszug unberücksichtigte Frage an, ob die Kündigung vom 24. Juni 2021 ebenso wie die vom 22. April 2021 und der Inhalt des Schriftsatzes vom 9. April 2021 nicht sämtlich die zwingenden Formvoraussetzungen der §§ unterlaufen, da sie jeweils im Rahmen eines nicht unterschriebenen Anwaltschriftsatzes per beA erklärt und erst nach einem sog. Medienbruch in nicht elektronischer Form an die Beklagte zugestellt worden sind (vgl. dazu Bruns, in: BeckOK Mietrecht, Stand: 1. November 2021, § 542 Rz. 124a m.w.N.).
Die Kammer war schließlich befugt und gehalten, über die Berufung im Beschlusswege zu befinden. Die von der Berufung ins Feld geführten Negativvoraussetzungen der §§ liegen nicht vor. Revisionszulassungsgründe sind ebenfalls nicht gegeben, da die für die Beurteilung der streitgegenständlichen Kündigungen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind. Davon weicht die Kammer nicht ab. Es kommt hinzu, dass die Klägerin unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates des BGH zur kündigungsrechtlichen Reichweite von § , die die Kammer insoweit allerdings nicht teilt (vgl. Kammer, Urt. v. 16. Juni 2016, a.a.O., juris Tz. 4 ff.), sich wegen der unmittelbar nach Kündigungszugang geleisteten Schonfristzahlung und den sonstigen Besonderheiten dieses Einzelfalles gemäß § ohnehin nicht mit Erfolg auf den von ihr geltend gemachten Räumungsanspruch berufen könnte (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Oktober 2015 – VIII ZR 321/14, BeckRS 2016, 5095, beckonline Tz. 10; Beschl. v. 23. Februar 2016 – VIII ZR 321/14, BeckRS 2016, 4975, beckonline Tz. 5 f.; Urt. , WuM 2018, 785, juris Tz. 51; Urt. v. 13. Oktober 2021, a.a.O, Tz. 88). Vor diesem Hintergrund war auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § nicht geboten.
Setzt der Vermieter nach dem Auszug des Mieters den behaupteten Selbstnutzungswillen nicht in die Tat um, so liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf vorgeschoben war. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der Eigenbedarf nachträglich entfallen ist.
AG Köln Urt. v. 8.2.2022 – 203 C 200/20
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.200,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2021 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Parteien waren durch ein Wohnraummietverhältnis über eine Wohnung in Köln miteinander verbunden. Die Klägerin war Mieterin, die Beklagten gemeinsam Vermieter. Die Wohnung verfügte über eine Wohnfläche von 57 m2. Zuletzt schuldete die Klägerin eine Grundmiete von 9,21 € pro Quadratmeter.
Die Beklagten kündigten das Mietverhältnis durch anwaltliches Schreiben vom 27.07.2018 (Anl. K1, BI. 7 ff. GA) aufgrund von Eigenbedarfs zum 30.04.2019. In der Kündigungserklärung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, führten sie aus, dass sie die Wohnung … ihrem Enkel, zur Verfügung stellen wollten, da dieser seine Ausbildung abgeschlossen habe und deshalb die elterliche Wohnung verlassen wolle, um auf „eigenen Beinen zu stehen“. In dem Schreiben führten sie weiter aus, dass die Auswahl unter den im Eigentum der Beklagten stehenden Wohnungen auf die von der Klägerin bewohnte gefallen sei, weil diese sich in der Nähe der von den Beklagten selbst bewohnten Wohnung befinde. Der Enkel könne sie daher in Zukunft bei Bedarf rasch und unkompliziert unterstützen. Überdies eigne sich die Wohnung auch deshalb besser als die Alternativwohnung, weil der Enkel „gegebenenfalls“ gemeinsam mit seiner Freundin die Wohnung nutzen könne.
Die Klägerin suchte infolge der Kündigung erfolgreich eine neue Wohnung und schloss am 27.11.2018 einen entsprechenden Mietvertrag zum 01.02.2019 (Anl. K2 BI. 9 ff. GA). Da die Kündigungsfrist der durch die Beklagten erklärten Kündigung noch nicht abgelaufen war, kündigte die Klägerin ihrerseits das Mietverhältnis der Parteien fristgerecht zum 28.02.2019.
Für den Umzug in die neue Wohnung, die ausweislich des Mietvertrages (§ 10, Anl. K2, BI. 20 GA) unrenoviert war, wandte die Klägerin 716,02 € auf (Anl. K6, BI. 36 GA). Weitere 410,00 € zahlte sie für einen neuen Anstrich (Anl. K7, BI. 37 GA).
Für den Monat Februar 2019 musste die Klägerin die neue Kaltmiete neben der bisherigen zahlen. Für die ursprüngliche Wohnung zahlte die Klägerin insoweit 600,00 EUR. Die neue Wohnung der Klägerin weist eine Wohnfläche von ca. 50 m2 auf und ist vom Baualter vergleichbar mit der wegen Eigenbedarfs gekündigten Wohnung der Klägerin. Hierfür fällt nunmehr eine Grundmiete von 750,00 €, mithin 15,00 € pro Quadratmeter an. Hiernach zahlt die Klägerin gegenüber der ursprünglichen Wohnung eine um 5,79 € pro Quadratmeter erhöhte Kaltmiete.
Im Februar 2019 befand sich auf dem Internetportal „Immobilienscout24.de“ eine Anzeige über die von dieser Zeit von der Klägerin noch bewohnte Wohnung. Jedenfalls im Kopf der Anzeige wurde eine 1,5-Zimmer-Wohnung mit 57 m2 Wohnfläche zu einem Preis von 794,00 € Kaltmiete, insgesamt 1.100,00 € angeboten. In der Überschrift heißt es: „Stilvolle, geräumige und sanierte 1,5-Zimmer-Wohnung mit Balkon in Klettenberg, Köln“. Die Anzeige wurde am 26.02.2019 deaktiviert. Es wird ergänzend auf die entsprechenden Screenshots (Anl. K4, BI. 31 f. GA) Bezug genommen. Eine ähnliche Anzeige wurde erneut im Mai 2019 aufgegeben. Insoweit wurde eine Kaltmiete von 855,00 € verlangt, eine Gesamtmiete war nicht angegeben. Diesmal war die Zimmeranzahl mit zwei angegeben (ebenfalls Anl. K4, BI. 33 GA). Im Verlauf des Jahres 2019 stellte die Klägerin zudem fest, dass an ihrer vormaligen Wohnung das Namensschild „König“ angebracht war.
Die Klägerin wandte sich unter Bezugnahme auf Vorstehendes über den Mieterverein an die Beklagten (Anl. K3, BI. 30 GA). Mit Schreiben des Haus- und Grundbesitzervereins von 1888 vom 12.12.2019 (Anl. K5, BI. 34 f. GA) antworteten die Beklagten, dass die Anzeige aus dem Monat Februar durch ihren Enkel eigenmächtig aufgegeben worden sei. Dies habe er getan, weil er Zweifel bekommen habe, ob er die Wohnung in voller Höhe alleine finanzieren könne. Deshalb habe er sich einen Untermieter suchen wollen. Die Beklagten hätten hiervon nichts gewusst. Ihr Enkel habe die Anzeige allerdings entfernt, nachdem sie ihm mitgeteilt hatten, dass eine WG-Gründung für sie nicht in Betracht komme. Auch zu diesem Zeitpunkt hätten die Beklagten von der Anzeige nichts gewusst. Erst die Anzeige aus dem Mai habe ihre Tochter im Einvernehmen mit den Beklagten geschaltet.
Die Klägerin behauptet, der von den Beklagten geltend gemachte Eigenbedarf habe von Anfang an nicht bestanden, sondern sei vielmehr nur vorgeschoben gewesen. Jedenfalls sei aber der Eigenbedarf – so er denn anfangs bestanden habe – nachträglich weggefallen. Dies hätten die Beklagten jedenfalls auch während der laufenden Kündigungsfrist erfahren. Die Beklagten sind der Ansicht, dies hätten die Beklagten ihr mitteilen müssen. Auch aufgrund dessen seien sie zum Schadensersatz verpflichtet.
Den Vortrag der Beklagten zu den Einzelheiten des von ihnen behaupteten nachträglichen Wegfalls des Eigenbedarfs bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen. Sie behauptet in diesem Zusammenhang zudem, dass die Wohnung zur Gründung einer Wohngemeinschaft ungeeignet sei.
Die Klägerin macht die ihr entstandenen Umzugs- und Renovierungskosten, die doppelt gezahlte Miete für Februar sowie einen Jahresbetrag der erhöhten Kaltmiete geltend, wobei sie zur Berechnung auf die Wohnfläche ihrer jetzigen Wohnung von 50 m2 zurückgreift und diese mit der zuvor dargestellten Differenz der Kaltmiete pro Quadratmeter multipliziert.
Die Klägerin hat die Klage zur Korrektur eines Übertragungsfehlers mit Schriftsatz vom 01.02.2021 (147 GA) in Höhe von 273,00 € zurückgenommen.
Nunmehr beantragt sie,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 5.200,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, dass ein Eigenbedarf bestanden habe. Ihr Enkel habe tatsächlich in die Wohnung einziehen wollen; sie hätten ihm diese auch überlassen wollen. Es habe zunächst allerdings keine Verabredungen zu den Konditionen im Einzelnen gegeben. Die Beklagten seien aber bereit gewesen, ihren Enkel insoweit entgegenzukommen.
Die Beklagten haben schriftsätzlich behauptet, ihr Enkel habe nachträglich erhebliche Zweifel gehegt, ob er in der Lage sei, die Wohnung alleine zu finanzieren. Deshalb habe er sich mit dem Gedanken getragen, sich einen Mitbewohner zu suchen. Entsprechend habe er die als Anlage K4 vorgelegte Anzeige erstellt. Diese habe sich jedoch – wie auch weitere, nicht vorgelegte Anzeigen – nur auf einen Teil der Wohnung bezogen. Nachdem er die Beklagten von seiner Absicht in Kenntnis gesetzt habe, hätten die Beklagten jedoch die Zustimmung verweigert. Ihr Enkel habe daraufhin die Anzeige wieder entfernt, ohne dass sie zu dieser Zeit von ihr Kenntnis gehabt hätten. Diese hätten sie erst durch das Schreiben des Mietervereins vom 25.11.2019 erlangt. Nachdem sich die WG-Gründung zerschlagen habe, habe ihr Enkel überlegt, mit seiner Lebensgefährtin einzuziehen. Während eines Urlaubs in Spanien sei es jedoch dann zu einem Zerwürfnis gekommen sodass auch dies nicht mehr infrage kommen sei. Erst im Mai 2019 hätten sie erfahren, dass ihr Enkel nicht einziehen werde. Erst dann hätten sie ihre Tochter beauftragt, erneut zu inserieren.
In der mündlichen Verhandlung haben sie ihren vorstehenden Vortrag insofern korrigiert bzw. ergänzt, als sie nunmehr behaupten, sie hätten von den Plänen ihres Enkels zur WG-Gründung im Zusammenhang mit der im Februar geschalteten Anzeige erfahren und ihr Enkel habe diese dann nach Rücksprache entfernt. Hintergrund für die Verweigerung ihrer Zustimmung sei gewesen, dass die Beklagten den Eindruck hätten vermeiden wollen, dass es durch die Gründung einer Wohngemeinschaft durch die Hintertür zu einer Vermietung an einen Dritten komme und Eigenbedarf tatsächlich nicht bestanden hätte.
Weiter behaupten sie nunmehr, ihr Enkel habe eine WG-Gründung erst in Erwägung gezogen, nachdem der Plan, mit seiner damaligen Freundin zusammen zu ziehen, gescheitert sei und nicht umgekehrt.
Zu einem finanziellen Entgegenkommen sei es nicht gekommen, weil ihr Enkel sie aus Scham nicht unmittelbar darauf angesprochen habe. Außerdem habe er seinen Einzug von Beginn an davon abhängig gemacht, mit seiner damaligen Freundin einzuziehen, dies ihnen gegenüber aber nicht offengelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2022 und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, begründet.
- Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB zu.
Nach diesen Vorschriften ist, wer eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt, zum Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verpflichtet, wobei eine Pflichtverletzung auch darin liegen kann, keine Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils zu nehmen. Diese Voraussetzungen liegen vor.
- Die Beklagten haben durch die erklärte Eigenbedarfskündigung eine Pflicht aus dem Mietvertrag mit der Klägerin verletzt.
- Es ist in der Rechtsprechung zum Wohnungsmietrecht seit langem anerkannt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine Kündigung ausspricht, die mangels tatsächlich vorliegenden Kündigungsgrundes unwirksam ist, auf dieser Grundlage zum Schadensersatz verpflichtet ist (noch zur positiven Vertragsverletzung des alten Schuldrechts: BGH, Urteil vom 18. Mai 2005 – VIII ZR 368/03 –, Rn. 10, juris m. w. N.). Unerheblich ist dabei, ob der Vermieter insoweit vorsätzlich oder – gegebenenfalls aufgrund eines vermeidbaren Rechtsirrtums – lediglich fahrlässig handelt (BGH. Urteil vom 11. Januar 1984 – VIII ZR 255/82 –, BGHZ 89, 296–308, Rn. 21 – ebenfalls zum alten Schuldrecht). Das gilt selbst dann, wenn der Vermieter gar die Tatsachen, aufgrund derer er meint, zur Kündigung berechtigt zu sein, zutreffend angibt (vgl. BGH, Urteil vom 08. Juli 1998 – XII ZR 64/96 –, Rn. 12, juris zu einer unwirksamen Kündigungsregelung in AGB im Gewerbemietrecht). Es ist deshalb nicht entscheidend, ob tatsächlich ein „vorgeschobener Eigenbedarf“ vorliegt, um eine aus anderen Gründen angestrebte Beendigung des Vertrages zu erreichen, oder ob die Erwägungen des Vermieters die Kündigung wegen Eigenbedarfs lediglich nicht tragen und er dies zu vertreten hat.
- Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Beklagten haben der Klägerin aufgrund von Eigenbedarfs gekündigt, ohne dass die Voraussetzungen hierzu vorlagen. Darauf, ob die Beklagten – wie von der Klägerin behauptet – von Anfang an beabsichtigten, die Wohnung einem Dritten zur Verfügung zu stellen, kommt es nicht an.
- a) Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann der Vermieter ordentlich kündigen, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Ein Vermieter „benötigt“ die Wohnung nur dann, wenn sich der Nutzungswunsch für sich oder für die weiteren Berechtigten bereits soweit „verdichtet“ hat, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung bzw. Überlassung besteht (BGH, Urteil vom 23. September 2015 – VIII ZR 297/14 –, Rn. 22, juris). Eine anderenfalls vorliegende Vorratskündigung genügt den Anforderungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2016 – VIII ZR 300/15 –, Rn. 19, juris).
- b) Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Es fehlte jedenfalls an einem hinreichend konkreten Nutzungswillen der Beklagten bzw. ihres Enkels. Hiervon ist im Hinblick auf das durch die Beklagten nicht hinreichend bestrittene Vorbringen der Klägerin (siehe dazu sogleich) auszugehen.
- aa) Der Mieter hat in die für den Eigenbedarf geltend gemachten Tatsachen regelmäßig keinen Einblick und kann ohne nähere Darlegung seitens des Vermieters nicht beurteilen, ob dessen Kündigung wegen Eigenbedarfs, die den Mieter zum Auszug veranlasst hat, berechtigt war. Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat um, so liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen ist (BGH, Urteil vom 18. Mai 2005 – VIII ZR 368/03 –, Rn. 23, juris). Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel („stimmig“; ebd.) darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll; insoweit sind strenge Anforderungen zu stellen. Erst wenn der Vortrag des Vermieters diesem Maßstab genügt, obliegt dem Mieter der Beweis, dass ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestand (ebd.). Anderenfalls ist das Fehlen des vorstehend beschriebenen konkreten Nutzungswillens als unbestritten, d.h. als nach § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden, zu behandeln (BGH, Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 44/16 –, Rn. 22, juris). Eine Beweisaufnahme ist in einem derartigen Fall nicht geboten.
- bb) Das Bestreiten der Beklagten ist hiernach unbeachtlich, der Vortrag der Klägerin als unstreitig zu behandeln. Die Beklagten haben die strengen Anforderungen an einem in diesem Sinne plausiblen, das heißt stimmigen, Vortrag zum Wegfall des Eigenbedarfs nicht erfüllt. Ihrem Vorbringen fehlt es vielmehr an Plausibilität. Es ist vielfach widersprüchlich und lebensfremd und erlaubt allenfalls den Schluss, dass bei Kündigung ein abstrakter Nutzungswunsch im Sinne von allgemeinen Überlegungen dahingehend, dass der Enkel die Wohnung nutzen könne, vorgelegen habe. Ein derartiges Interesse rechtfertigt eine Eigenbedarfskündigung aber gerade nicht. Dies ergibt sich im Einzelnen aus den folgenden Erwägungen:
(1) Die Beklagten haben die Kündigung darauf gestützt, dass ihr Enkel die von der Klägerin bewohnte Mietwohnung nutzen wolle, weil er auf eigenen Beinen stehen wolle und gerade seine Ausbildung beendet habe. Ausweislich der Kündigung war die Frage, ob der Enkel mit seiner Freundin zusammenziehe zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch offen. Dies wurde zwar in Erwägung gezogen, war aber ausdrücklich nicht Grund oder Bedingung des Nutzungswunsches, auf den die Kündigung gestützt wurde.
(2) Dass und warum dieser geltend gemachte Eigenbedarf nachträglich weggefallen sein soll, haben sie nicht zu plausibilisieren vermocht.
(a) Schon im Ansatz ist es nicht plausibel, wenn die Beklagten die fehlende Umsetzung des Eigenbedarfs damit begründen, dass ihrem Enkel nachträglich Zweifel gekommen seien, sich die Wohnung leisten zu können. Bei einem konkreten Nutzungswunsch – wie in der Kündigung geltend gemacht primär für ihren Enkel – hätte es vielmehr nahegelegen, dass sich der Enkel mit ihnen im Einzelnen über die Konditionen der Anmietung und seine finanziellen Verhältnisse ausgetauscht hätte und man bereits vor dem Ausspruch der Kündigung feste Konditionen vereinbart hätte. Derartiges tragen die Beklagten jedoch nicht vor. Sie haben vielmehr in der mündlichen Verhandlung vortragen lassen, dass es zu diesem Zeitpunkt konkrete Absprachen nicht gegeben habe, man habe sich aber gefreut, dass der Enkel den Wunsch geäußert habe, einzuziehen. Auch bei einer Überlassung einer Wohnung an Verwandte gehört der Mietpreis zu den wesentlichen Punkten, die darüber bestimmen, ob für den potenziellen Mieter eine Anmietung in Betracht kommt oder nicht. Fehlen derartige Vereinbarungen, wird ein konkreter bzw. „verdichteter“ Nutzungswunsch in der Regel nicht vorhanden sein, sondern allenfalls ein allgemeines Interesse.
Es ist auch für den Fall, dass ein konkreter Überlassungswille bestanden haben sollte, wenig einleuchtend, dass der Enkel der Beklagten – wie erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebracht – seinen Einzug im Sinne eines geheimen Vorbehalts davon abhängig gemacht hat, dass er mit seiner Freundin einziehe. Dies insbesondere, weil diese Möglichkeit in der Kündigung bereits angesprochen worden war. Wenn es für den Enkel essenziell gewesen wäre, mit seiner Freundin einzuziehen, hätte es in besonderem Maße nahegelegen, dies gegenüber den Beklagten zu kommunizieren. Warum er in diesem Fall diesen festen Wunsch gegenüber den Beklagten nur als lose Überlegung hätte darstellen sollen, erschließt sich nicht.
(b) Ohne dass es hierauf für die Entscheidung ankäme, fehlt es aber auch an ergänzenden Angaben dazu, aus welchem Grund und inwieweit sich die finanziellen Verhältnisse des Enkels der Beklagten nachträglich verschlechtert hätten. Dies wäre nach dem Dafürhalten des Gerichts aber für die Substantiierung ihres Vorbringens erforderlich. Sollten die finanziellen Verhältnisse des Enkels der Beklagten hingegen unverändert geblieben sein oder sich gar verbessert haben, dürfte erst recht nicht von einem plausiblen Vortrag zum nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs ausgegangen werden können.
(c) Selbst wenn eine Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse des Enkels unterstellt wird, ist es bei lebensnaher Betrachtung fernliegend, dass die Beklagten sich bei konkretem Nutzungs- bzw. Überlassungswunsch mit ihrem Enkel nicht über eine Anpassung der Miete – deren vorherige konkrete Vereinbarung die Beklagten freilich nicht vortragen – an seine finanziellen Verhältnisse hätten verständigen können. Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung selbst erklären lassen, zu einem Entgegenkommen bei der Miethöhe bereitgewesen zu sein. Dem steht auch nicht entgegen, dass ihr Enkel aus „Schamgefühl“ nicht auf die Beklagten habe zugehen – wollen. Spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem ihnen ihr Enkel offenbart haben soll, aus finanziellen Gründen von der Anmietung Abstand nehmen zu wollen, hätte es sich bei einem konkreten Überlassungswillen für die Beklagten aufgedrängt, ihrem Enkel von sich aus tatsächlich entgegenzukommen. Das gilt umso mehr, als die Beklagten sich ausweislich der Kündigung durch die räumliche Nähe zu ihrem Enkel auch gelegentliche Unterstützung im Alltag versprachen.
(d) Es ist bei ursprünglichem Vorhandenseins eines konkreten Überlassungswillens nicht nachvollziehbar, dass die Beklagten ihrem Enkel eine Nutzung der Wohnung zur Gründung einer Wohngemeinschaft untersagt haben wollen. Wenn man eine Verschlechterung seiner finanziellen Lage unterstellt und – unabhängig vom zeitlichen Ablauf – ein Scheitern der Beziehung zu seiner damaligen Partnerin annimmt, hätte es in besonderem Maße nahegelegen, ihm die Wohnung zur Gründung einer Wohngemeinschaft mit einer weiteren Person zu überlassen. Anderenfalls musste die Umsetzung des Eigenbedarfs scheitern. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußert haben, dass sie bei Gründung einer Wohngemeinschaft befürchteten, dass der Eindruck entstehen könnte, Eigenbedarf habe überhaupt nicht bestanden, überzeugt das nicht. Dieser Eindruck entstand vielmehr dadurch, dass eine Wohngemeinschaft bestehend aus ihrem Enkel und einer weiteren Person nicht begründet wurde und die Wohnung später an eine andere Person weitervermietet wurde. Letzteres war logische Folge der von den Beklagten behaupteten Ablehnung der Gründung einer Wohngemeinschaft. Das gilt erst recht, wenn man nicht den ursprünglichen, sondern den letzten Vortrag der Beklagten zugrunde legt, nach dem sich der Bezug der Wohnung mit der damaligen Freundin bereits zuvor zerschlagen hatte (siehe hierzu sogleich).
(e) Überdies ist das Vorbringen der Beklagten zum Geschehensablauf auch widersprüchlich. Sie haben vorgerichtlich (Anl. K5, BI. 34 GA) zunächst erklärt, ihr Enkel habe sich einen Untermieter als Mitbewohner suchen wollen, weil er Zweifel gehabt habe, ob er sich die Wohnung leisten könne. Nachdem dies nicht gelungen sei, habe er mit seiner Freundin einziehen wollen. Entsprechend haben die Beklagten auch prozessual vorgetragen (Seite 2 des Schriftsatzes vom 08.02.2021, BI. 52 GA). Dies sei dann nach der Trennung nicht mehr möglich gewesen. Abgesehen davon, dass es auch insoweit am Vortrag zum Zeitpunkt der Trennung fehlt, steht dieses vorprozessuale Vorbringen im Widerspruch dazu, dass die Beklagten in der mündlichen Verhandlung nach Rücksprache mit ihrem Enkel behauptet haben, dass dieser ursprünglich mit seiner Freundin habe einziehen wollen, wie es auch in der Kündigung zumindest angedeutet war. Dass es bei dieser simplen Frage Missverständnisse gegeben haben könnte, erscheint dem Gericht fernliegend.
Wenn im Übrigen der letzte Vortrag der Beklagten insoweit als zutreffend unterstellt würde, stünde jedenfalls fest, dass die Beklagten nach der Ablehnung der WG-Gründung bereits vor Ende des Mietverhältnisses im Februar 2019 – die Gründung eines gemeinsamen Hausstands mit der Freundin hätte sich dann bereits zuvor zerschlagen – und nicht erst wie von ihnen behauptet im Mai 2019 gewusst hätten, dass ihr Enkel nicht einziehen wollte.
(f) Der Vortrag der Beklagten ist weiter unplausibel, soweit die von der Klägerin vorgelegte Annonce (Anl. K4, BI. 31 f. GA) aus dem Februar 2019 betroffen ist und die Beklagten behaupten, hiermit habe ihr Enkel einen Mitbewohner suchen wollen. In der Anzeige wird evident die ganze Wohnung angeboten und eine entsprechende Miete verlangt. Eine Einschränkung dahingehend, dass nur ein WG-Zimmer angeboten werden sollte, ist ihr keineswegs zu entnehmen. Wäre tatsächlich ein WG-Zimmer Gegenstand der Anzeige gewesen, wäre dies auch im Kopf der Anzeige angegeben gewesen und nicht wie von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung behauptet, im weiteren Verlauf der Anzeige, den sie im Übrigen auch nicht vorlegen. Dieses Vorgehen wäre zum einen widersinnig, würde es doch gerade Interessenten dadurch abschrecken, dass zunächst eine für ein WG-Zimmer sehr hohe Miete angegeben würde und im Übrigen eine Angabe dahingehend, dass es sich um ein WG-Zimmer handelt, aus der Überschrift gar nicht ersichtlich ist. Mit anderen Worten wäre die Anzeige so gestaltet gewesen, dass sie nur für Interessenten an ganzen Mietwohnungen, nicht aber an WG-Zimmern ansprechend gewesen wäre. Im Übrigen werden, was offenkundig ist, auf großen Immobilienplattformen WG-Zimmer in gesonderten Kategorien und nicht dergestalt wie von den Beklagten vorgetragen, angeboten. Der Vortrag der Beklagten wird in diesem Punkt auch nicht dadurch plausibel, dass in der späteren Anzeige nicht mehr von 1,5-Zimmern, sondern von 2-Zimmern die Rede ist. Auch ihr Vortrag dazu, wie die Zahl von 1,5 Zimmern in der Anzeige zustande gekommen sein soll, ist vor diesem Hintergrund nicht plausibel, sondern als bloße Schutzbehauptung zu werten.
(g) Auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beklagten, zu denen sie in der Spruchfrist noch ergänzend vorgetragen haben, kommt es nicht an.
(h) Den Beklagten musste auf ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung ein Schriftsatznachlass nicht gewährt werden. Durch den mit Beschluss vom 12.01.2022 (BI. 76 GA) erteilten Hinweis des Gerichts zu seiner veränderten Rechtsauffassung handelt es sich für die Beklagten nicht um eine Überraschungsentscheidung. Das Gericht hat weiter seine Bedenken hinsichtlich des Vortrags der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert. Die Beklagten haben insoweit ausführlich Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und haben weiter auch diesbezüglich noch einmal mit ihrem Enkel während einer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung Rücksprache halten können. Vor diesem Hintergrund bestand hinreichende Möglichkeit, das tatsächliche Vorbringen zu ergänzen bzw. zu korrigieren.
- Die Klägerin durfte sich im Hinblick auf die ihr gegenüber erklärte Kündigung auch dazu veranlasst fühlen, Vermögensdispositionen zu treffen, aufgrund derer sie nunmehr Schadensersatz verlangt. Der Zurechnungszusammenhang ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Klägerin ihrerseits während der laufenden Kündigungsfrist ordentlich gekündigt hat, denn diese Kündigung war durch die Kündigung der Beklagten veranlasst. Sie muss sich auch grundsätzlich kein Mitverschulden nach § 254 BGB anrechnen lassen. Sie hatte keine Veranlassung, an der Wirksamkeit der Kündigung zu zweifeln.
III. Die Klägerin hat gegen die Beklagten unter Berücksichtigung von § 249 Abs. 1 BGB auch einen Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Schadens in voller Höhe von 5.200,02 €. Nach der genannten Vorschrift hat der Schädiger – hier die Beklagten – den Zustand wiederherzustellen der bestünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Hieraus ergibt sich im Einzelnen Folgendes:
- Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen Umzugskosten in voller Höhe von 716,02 €.
- Weiter steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 600,00 € für die ihr durch die doppelte Mietzahlung im Februar 2019 entstandenen Mehrkosten zu.
- Die Klägerin kann weiterhin Ersatz von Malerkosten für die Renovierung ihrer neuen Wohnung in Höhe von 410,00 € verlangen. Dass diesem Anspruch die Grundsätze der Vorteilsausgleichung entgegenstünden, haben die Beklagten nicht dargelegt.
- Schließlich kann die Klägerin auch Ersatz der Jahresmietdifferenz in Höhe von 3.474,00 € verlangen.
Das Gericht hat insoweit keine Bedenken in Bezug auf die von der Klägerin vorgenommene Berechnung der Schadenshöhe. Die neu von ihr angemietete Wohnung entspricht vom Baualter und Qualitätsstandard der ursprünglichen Wohnung. Gleiches gilt in etwa für die Größe der beiden Wohnungen. Das insoweit niedrigere Betriebskosten anfielen, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
Nach dem Dafürhalten des Gerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, dass die absolute Differenz der Jahresnettomiete im Hinblick auf die nunmehr 7 m2 kleinere Wohnung nicht den gesamten von ihr geltend gemachten Betrag erreicht. Dies ist deshalb unerheblich, weil sie im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung insoweit auch keinen Gegenwert erhält. Der Ersparnis steht insoweit bei wirtschaftlicher Betrachtung ein gleichwertiger Verlust an Vermögenswerten gegenüber. Bei einer anderen Beurteilung würde ein Mieter unbillig benachteiligt, der infolge der Kündigung gezwungen ist, eine deutlich kleinere Wohnung anzumieten, deren Miete aufgrund eines höheren Quadratmeterpreises in absoluter Höhe jener der ursprünglichen Wohnung entspricht, die aber aufgrund der kleineren Fläche einen erheblich geringeren Wohnwert aufweist.
- Der Klägerin steht der geltend gemachte Zinsanspruch aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB in Verbindung mit § 187 Abs. 1 BGB analog zu.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
- Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Der Streitwert wird auf 5.473,02 € festgesetzt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
- A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
- wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen eingereicht werden. Die Einreichung muss daher nach § 130d ZPO elektronisch unter Wahrung der insoweit geltenden Anforderungen erfolgen.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
- B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Erfolgt die Einlegung durch einen Rechtsanwalt, hat sie nach § 130d ZPO elektronisch zu erfolgen. Im Übrigen kann sie elektronisch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erfolgen. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
© Verlag Dr. Otto Schmidt KG
Eine vom Vermieter ausgesprochene Verwertungskündigung gem. § ist unwirksam, wenn dieser das die kündigungsgegenständliche Wohnung beherbergende Gebäude abreißen und anschließend auf dem Grundstück einen Neubau errichten will, eine erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung bei Ausspruch der Kündigung jedoch nicht vorliegt.