Die Freistellung ist die (vorübergehende oder dauerhafte) Suspendierung der Arbeitspflicht, gem. § 611 BGB der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers im bestehenden Arbeitsverhältnis. Da dem Arbeitnehmer nicht nur ein Anspruch auf Lohnzahlung gegenüber dem Arbeitgeber zusteht, sondern er auch einen Anspruch auf Beschäftigung (siehe auch: „Beschäftigungspflicht“) gegen den Arbeitgeber hat, ist die Freistellung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Die einseitige Freistellung durch den Arbeitgeber, ist nur in Ausnahmefällen zulässig:
- Bei Unmöglichkeit der Beschäftigung, z.B. aus betriebsbedingten Gründen (BAG 18.3.1999 – 8 AZR 344/98, ZTR 1999, 516).
- Die Unzumutbarkeit der Beschäftigung, wenn das Freistellungsinteresse des Arbeitgebers das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Dies setzt aber nach hM eine erhebliche Gefährdung für die Ordnung des Betriebs oder die Gefahr schwerer Vertragsverletzungen voraus (ErfK/Preis § 611 BGB Rn 563 mwN).
Da die Arbeitspflicht dispositiv ist, ist eine einvernehmliche Freistellungsvereinbarung zulässig (LAG Hamm 11.10.1996 – 10 Sa 104/96, NZA-RR 1997, 287).
Besonderheiten einer Freistellungsvereinbarung im Formularvertrag:
Freistellungsklauseln sind weit verbreitet. Ein völlig uneingeschränkter Freistellungsvorbehalt wird als unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB angesehen, da er den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers vollständig aushebelt, ohne das erkennbar wäre, welche anerkennenswerten Interessen des Arbeitgebers die Freistellung rechtfertigen könnten (ErfK/Preis § 611 BGB Rn 568; Gaul/Bonnani/Niklas, ArbRB 2008, 149). Ob und unter welchen Voraussetzungen der Freistellungsvorbehalt für den Fall der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden kann, ist umstritten. Ein Freistellungsvorbehalt darf zu keiner Verringerung der Vergütung führen (LAG Hamm 11.10.2011 – 14 Sa 543/11, BeckRS 2011, 77471).
Es ist zwischen widerruflicher und unwiderruflicher Freistellung zu unterscheiden. Bei der widerruflichen Freistellung behält sich der Arbeitgeber vor, den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit zu rufen, während dies bei unwiderruflicher Freistellung nicht mehr geht, so dass die Arbeitspflicht in diesem Fall nur einvernehmlich wieder begründet werden kann. Ob eine Freistellung widerruflich ist, muss durch Auslegung festgestellt werden.
Durch die Freistellung verliert der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch nicht. Dies betrifft nicht nur die tatsächlich geleistete Vergütung, sondern auch andere Lohnbestandteile, wie insbesondere ein Dienstfahrzeug, welches der Arbeitnehmer auch privat nutzen darf. Die Erlaubnis zur Nutzung eines solchen Fahrzeugs ist ein Lohnbestandteil. Hier gibt es sehr häufig Probleme, weil immer wieder versucht wird, das Dienstfahrzeug ab Beginn der Freistellung dem Arbeitnehmer wieder zu entziehen. Dies ist grundsätzlich unzulässig.
Probleme gibt es auch häufig wegen des Anspruch auf Erholungsurlaub während einer Freistellung. Die bloße Freistellung führt nicht dazu, dass gleichzeitig anderweitige Freizeit- oder Urlaubsansprüche erfüllt werden (BAG 9.6.1998 – 9 AZR 43/97, NZA 1999, 80). Die Erteilung von Urlaub muss klar und deutlich erklärt werden, etwa indem der Arbeitnehmer für die Dauer der Kündigungsfrist „beurlaubt“ oder indem die Anrechnung des Urlaubs auf die Freistellung ausdrücklich erklärt wird (BAG 14.8.2007 – 9 AZR 934/06, NZA 2008, 169; Formulierungsvorschläge bei Schiefer in: VertragsgestaltungArbR § 1 Rn 3192).
Auch muss die Freistellungserklärung klar und deutlich zum Ausdruck bringen, in welchem Umfang der Urlaubsanspruch erfüllt werden soll und welcher Urlaub wie angerechnet wird. (BAG 17.5.2011 – 9 AZR 189/10, NZA 2011, 1032, zur jahresübergreifenden Freistellung). Von besonderer Bedeutung ist hier aber, dass eine Anrechnung von Urlaub auf die Freistellung nur dann möglich ist, wenn die Freistellung unwiderruflich erklärt wird. Hier gilt das oben Gesagte.