Die Verfallsregel § 7 Abs. 3 Satz. 3 BurlGverstößt gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und ist somit unwirksam. Entgegen Ihrer Auffassung geht es nämlich nicht nur um Arbeitnehmer, bei denen das Arbeitsverhältnis beendet wurde.
Entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der EuGH am 20.01.2009 (RS C 350/06 und C 520/06) entschieden, dass auch Arbeitnehmer, die ihren Urlaub wegen Krankheit nicht nehmen können, Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 BUrlG haben. Entgegenstehende Regelungen z.B. im Bundesurlaubsgesetz (und damit auch Urteile) verstossen gegen die Urlaubsrichtlinie, so der EuGH. Nach Ansicht des Gerichtshofs verstößt es gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach deutschem Recht verfällt, wenn er krankheitsbedingt seinen Urlaub nicht antreten kann. Dies gelte unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer während des gesamten vom Staat festgelegten Bezugszeitraums oder nur zum Teil krank gewesen sei. Der Gerichtshof vertrat die Meinung, dass einer solchen nationalen Regelung die Richtlinie 2003/88/EG entgegensteht, nach der jedem Arbeitnehmer ausnahmslos ein Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen zustehen müsse.
Zwar könnten die Mitgliedstaaten für die Ausübung des vierwöchigen Mindesturlaubs Modalitäten vorsehen, die auch den Anspruchsverlust am Ende eines Bezugs- oder eines Übertragungszeitraums beinhalten könnten. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der vom Erlöschen des Urlaubs betroffene Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit gehabt habe, den Mindesturlaub in Anspruch zu nehmen. Ist ein Arbeitnehmer wie mein Mandant während des gesamten Bezugszeitraums und über den Übertragungszeitraum hinaus krankgeschrieben, hatte er zu keiner Zeit die Möglichkeit, bezahlten Jahresurlaub in Anspruch zu nehmen.
Da es die Richtlinie den Mitgliedstaaten nicht erlaubt, die Entstehung eines allen Arbeitnehmern zuerkannten Mindestanspruchs auszuschließen, kann es sich hinsichtlich des Erlöschens des Anspruchs nicht anders verhalten.
Das gleiche müsse laut EuGH gelten, wenn der Arbeitnehmer nur während eines Teils des Bezugszeitraums gearbeitet habe, bevor er krankgeschrieben worden sei. Denn jeder Arbeitnehmer, der wegen einer langen Krankheit nicht in den Genuss einer Zeit bezahlten Jahresurlaubs gekommen sei, befinde sich unabhängig davon, ob er teilweise gearbeitet habe oder nicht, in der selben Situation, da für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei, dass er arbeitsunfähig werden würde.
7 Abs. 3 BUrlG, der ebenfalls eine Verfallsregelung enthält, jedenfalls aber seine Handhabung durch die Rechtsprechung verstößt damit gegen europäisches Recht.
Europarechtswidrig ist nämlich die Bestimmung in § 7 Abs. 3 Satz. 3 BurlG, nach der auch bei krankheitsbedingter Urlaubsübertragung der übertragene Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. In diesem Fall nämlich verfällt der Resturlaub aus krankheitsbedingten Gründen, d.h. ohne dass der Arbeitnehmer hierauf Einfluss nehmen kann. Dem stehen die Vorgaben der Richtlinie 2003/88/EG entgegen. Die Regelung des TVöD unterscheidet sich nur graduell von § 7 Abs. 3 Satz. 3 BurlG und ist daher ebenso nicht mit der Richtlinie 2003/88/EG in Einklang zu bringen.
Aufgrund dessen ist durch Regelungen des nationalen Rechts weitergehend auch sicherzustellen, dass ein länger erkrankter Arbeitnehmer die Abgeltung seines – möglicherweise aus mehreren Jahren stammenden bzw. jahrelang nicht genommenen – Resturlaubs verlangen kann.
Das LAG Düsseldorf, das dem EuGH den Fall Schultz-Hoff zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte, hat in dem Vorlagefall ein Urteil gefällt und entschieden, dass dem Kläger rund 12.000 EUR als Urlaubsabgeltung zustünden.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass wenn länger erkrankte Arbeitnehmer, so wie mein Mandant, wieder auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren, ihnen stehen aufgrund der Entscheidung des EuGH oftmals erhebliche Resturlaubsansprüche zu.
Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Haben Sie Fragen zu dem Thema Urlaub, beraten wir Sie hierzu gerne.